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Hintergründe zum
Great Bear Rainforest Abkommen von 2006

Bilanz des verabschiedeten Landnutzungsplan vom Februar 2006

Weitere Texte zum Great Bear Rainforest Abkommen: 
 
-> Entwicklungen ab 2009 im Great Bear Rainforest
    Verordnungen zum Ecosystem Based Mangement (EBM);
    Positionspapier AKU  

 
-> Entwicklung des Great Bear Rainforest Abkommen
    bis 2005

 

English version available:
Translated summary of the reaction to the
"Great Bear Rainforest Agreement" by the ArbeitsKreis
nördliche Urwälder (AKU).
(dated 7 March 2006 )

 

 

 

Update 2008

Die Abholzung des Great Bear Rainforest erfolgt weiter im Eiltempo - Ingmar Lee wird in seinem Vortrag im November und Dezember 2008 neueste Bilder der Einschläge zeigen.
 
Abtransport von frisch gefällten rotzedern aus dem Urwald auf King Island im Oktober 2008
 
Im Oktober 2008 besichtigte Ingmar Lee mit Chief Qwatsinas die neuesten Einschläge von Interfor auf King Island im Herzen des Great Bear Rainforest. Ingmar Lee: "Die neuen Einschläge sehen nicht anders aus, als Kahlschäge vor 20 Jahren. Der einzige erkennbare Unterschied ist, dass heute gezielt die Haine alter Rotzedern abgeholzt werden, während früher der ganze Wald begehrt war."
Sie befragten die Holzfäller, was sich denn unter EBM (ecosystem based mangement), das 2009 gelten soll, ändern wird. Die Holzfäller hatten keinen blassen Schimmer von diesen Handlungsempfehlungen, die nach den ursprünglichen Versprechungen bereits 2001 umgesetzt sein sollten.
 
Die Holzkonzerne scheinen trotz schlechter Holzmarktlage eine Art Endspurt in der Abholzung hinzulegen, denn ab 31.03.2009 muss das "Ecosystem based mangement" angewandt werden - dann werden die Urwälder zwar weiter zerstört, doch nicht mehr mit Großkahlschlägen. Zur Image-Verbesserung haben die größten Waldvernichter das renommierte FSC-Logo beantragt.

 

 

 

 

 


Abtransport von frisch gefällten Rotzedern aus dem Urwald auf King Island im Oktober 2008
 
Foto: Ian McAllister

 

 

Update 2007

Im Dezember 2007 wurden umfangreiche Erschließungspläne der Energiewirtschaft im Great Bear Rainforest bekannt.
Die neuen Schutzgebiete des Abkommens von 2006 schließen oft nur eine forstliche Nutzung aus. Daher haben verschiedene Energiekonzerne ihre Planungsunterlagen für vier Wasserkraftprojekte und einen Windenergiepark eingereicht. Betroffen sind allesamt unerschlossene Wildnisgebiete.

Zwar kann die Energiegewinnung duch Windräder und Flusslaufkraftwerke recht umweltschonend sein. Doch im Fall des Great Bear Rainforest erfordert sie schwerste Eingriffe in intakte Wildnis durch den erforderlichen Stromleitungbau. Wenn die teuren Stromtrassen erst einmal genehmigt sind, werden rasch weitere Erschliessungen folgen.
Die Wasserkraftwerke sind an den Lachsflüssen Nascall River, Klinaclini River, Europa und Crab Creek geplant; der Windpark nahe einem Seevogelbrutgebiet.

 

 

Update Herbst 2006

"So etwas habe ich in den letzten 16 Jahren nicht gesehen. Die Holzen jetzt ab, als ob es kein 'Morgen' mehr gibt",
berichtete Ian McAllister von der Raincoast Conservation Society im November 2006 der Zeitung 'Ottawa Citizen', über die Holzeinschläge im Great Bear Rainforest.
 
Die meisten Urwälder, die jetzt umgesägt werden, waren während der Verhandlungen um das Abkommen durch de-facto-Moratorien geschützt. Mit der Verkündung des Abkommens im Februar 2006 fiel dieser vorläufige Schutz weg. Seit dem Frühjahr haben die Forstkonzerne im Durchschnitt jeden Monat zwei neue große Urwaldtäler in Angriff genommen - Wildnisgebiete die vorher völlig intakt waren werden nun abgeholzt, so McAllister. "Die Zerstörung ist unvorstellbar."

 

 
 

Der Deal vom 7.2.2006

Februar 2006: Abkommen zu Great Bear Rainforest und North Coast wird von der Provinzregierung bestätigt.

Nach 5 Jahren Verhandlungen wurde am 7. Februar 2006 von der Provinzregierung das Abkommen zum Great Bear Rainforest verkündet. Nicht unter diesem Namen, sondern als Ergebnis der Land and Resource Management Plan (LRMP) Verhandlungen für die Planungsgebiete "Central Coast" und "North Coast", die teilweise auch als Great Bear Rainforest bezeichnet werde. Die Abgrenzung des Great Bear Rainforest hat sich mit der Zeit verändert und wurde von einigen Umweltgruppen den regierungsamtlichen LRMP-Bezirken angeglichen.

 
Der LRMP-Prozess

Für einige umstrittene Gebiete in British Columbia hat die Provinzregierung die Aufstellung eines Land and Resource Management Plan als öffentlichen Beteiligungsprozess eingeführt:
In mehrjährigen Verhandlungen müssen sich Vertreter verschiedener Interessengruppen im Konsensprinzip am runden Tisch auf die Landnutzung einigen. Da während dieser Zeit von den Forstkonzernen weiter abgeholzt wird (die Kanadier nennen das "log and talk") ist der LRMP-Prozess aber nicht ergebnisoffen, sondern von Regierung und Forstindustrie dominiert. Für Umweltgruppen und First Nations gilt außerdem eine Friedenspflicht, d.h. Aktionen gegen die Abholzungen sind untersagt. Mit den LRMP-Gesprächen werden in gewisser Weise auch Landrechte der First Nations verhandelt beziehungsweise echten Landrechtsverhandlungen vorgegriffen.

Vor dem quasi privaten Great Bear Rainforest Abkommen von 2001 zwischen vier Umweltgruppen und einigen Forstkonzernen liefen bereits in den Planungsgebieten Central Coast und North Coast LRMP-Planungsprozesse. Außerdem waren einige First Nations in Landrechtsverhandlungen mit der Provinzregierung.
Diese drei Verhandlungsebenen interagierten teilweise, was für Outsider zu sehr schwer verständlichen Ergebnissen führte.

Das jetzt verkündete Abkommen ist also der Land and Resource Management Plan, der jedoch am 7. Februar nicht im Detail veröffentlicht wurde. Viele Details zur Forstwirtschaft sind auf spätere Verhandlungen verschoben, während derer wiederum weiter abgeholzt wird...

 
Die Ja-Sager

Zugestimmt haben dem 2006 verkündeten Abkommen die Regierung von British Columbia, die im Gebiet operierende Forstindustrie, drei Umweltorganisation (Greenpeace Kanada, Sierra Club of Canada, Forest Ethics), die Band Councils (nach kanadischem Recht gewählte Vertreter etwa vergleichbar mit Bürgermeistern/Gemeinderäten) der meisten im Gebiet lebenden First Nations und weitere öffentlich beteiligte Interessengruppen. Damit haben Umweltgruppen wie z.B. Greenpeace der forstlichen Nutzung (und somit Zerstörung des Urwaldcharakters) von 66% der Primärwälder im Gebiet zugestimmt.

NICHT beteiligt am LRMP-Planungsprozess (und somit das Abkommen in dieser Form nicht unbedingt gebilligt) haben sich alle übrigen Umweltorganisationen, einige traditionelle Stammesleitungen (z.B. Nuxalk) und die Musgamagw Tsawataineuk ("The Four Tribes") aus dem Süden des Gebietes.

 
Das Ergebnis

Zahlen zum Agreement 2006
Status Größe % Summe1 Summe2
Bisherige Parks * 4 430 Quadratkilometer 6,9% 27,2%
1,7 Mio ha
31,9%
2,0 Mio ha
Neue Schutzgebiete * 13 000 Quadratkilometer 20,3%
Mining / No logging Zone 2 970 Quadratkilometer 4,7% 72,8%
4,7 Mio ha
Ungeschützt 43 600 Quadratkilometer 68,1% 68,1%
Gesamtlandfläche 64 000 Quadratkilometer 100% 100% 100%

* Je nachdem, ab welchem Zeitpunkt "Bisherige Parks" und "Neue Schutzgebiete" gezählt werden, variieren die Angaben zwichen 6,9 und 9% bisherigen Parks und 19 bis 20,3% neuen Schutzgebieten. Höhere Zahlen ("1,8 Mio ha Schutz") resultieren aus mathematisch falschen Rundungen.

Grob gesagt ist also ein Drittel der Landfläche insgesamt geschützt bzw. ein Fünftel der Fläche neu geschützt. Die restlichen zwei Drittel sind zur forstlichen Nutzung freigegeben. Von den verbliebenen Urwaldflächen sind durch das Abkommen nur 34% mehr oder weniger geschützt; der Rest zur Zerstörung freigegeben. Da schon viele Urwälder in Sekundärwälder umgewandelt sind, ergibt sich aus dieser Zahl, dass die Schutzgebiete einen geringeren Waldanteil haben, als die ungeschützten Bereiche.

In den Entwürfen vom Abkommen 2001 und 2003 waren zahlreiche Urwaldtäler nur als Optionsgebiete oder als nicht näher erläutertes "Biodiversity Operating" gekennzeichnet. Viele von ihnen sind jetzt definitiv zu Schutzgebieten geworden und die meisten größeren intakten Urwaldtäler unter Schutz gekommen. Was fehlt, ist ein gesetzlicher Schutz der Urwaldreste jener Täler in denen schon Forststraßen und Kahlschläge existieren.

Von 64000 Quadratkilometer Landfläche (Wälder, Berge und Felsen, Gletscher, Flüsse + Mündungen, Moore) werden durch das Abkommen insgesamt 20400 Quadratkilometer mehr oder weniger geschützt (insgesamt heißt 4430 qkm bisherige Parks plus 13000 qkm neue Schutzgebiete plus 2970 qkm Zonen, in denen zwar Forstwirtschaft verboten, die Abholzung des Waldes für Bergbau und touristischen Großprojekte hingegen erlaubt ist). Die am Abkommen beteiligten Umweltverbände bezeichnen diese Flächen optimistisch als "No Logging Area", während die Provinzregierung den Begriff "Mining/Tourism Zone" verwendet und damit unverhohlen dem Bergbau (meist als Großtagebau) Priorität vor dem Urwald einräumt.


Zukünftige Forstwirtschaft

Auf den ungeschützten 43600 Quadratkilometern sichert das Abkommen die Vormachtstellung jener großen Forstkonzerne, die den Wald als Aktiengesellschaften mit dem Ziel der kurzfristigen Gewinnmaximierung nutzen.

Der Beginn der flächenhaften Umsetzung des seit 2001 anvisierten 'ecosystem based management' (EBM) für eine ökosystemverträgliche Holznutzung wurde auf 2009 verschoben und im Abkommen nicht präzisiert, obwohl ausreichend Vorarbeit durch die Expertengruppe Coast Information Team geleistet wurde.

Da das Abkommen nur wenige Urwaldreste in den bereits in Abholzung befindlichen Tälern und Wassereinzugsgebieten schützt, wurde der Schutz dieser für die Erhaltung von Tierarten so wichtigen Waldstücke auf das EBM verlagert und nicht verhandelt. Das Abkommen liefert aber keinerlei Instrument, dass gewährleistet, dass die Holzkonzerne während der weiteren Verhandlungen diese Waldreste schützen oder überhaupt ihren Schutz akzeptieren.

Die David Suzuki Foundation schätzt den zukünftigen Holzeinschlag für das Gebiet des Abkommens auf 2,5 bis 3 Millionen Kubikmeter Holz pro Jahr - über drei Viertel davon kommt aus Urwäldern.

 
Coast Information Team missachtet

CIT (Coast Information Team) nennt sich das Expertengremium, dass die Provinzregierung während der LRMP-Verhandlungen zur wissenschaftlichen Beratung bestellt hat. Das CIT hat von 2001 bis 2004 in einem Handbuch umfassende Empfehlungen für eine wenigstens in Teilen verträgliche Forstwirtschaft aufgestellt (ecosystem based mangement - EBM). Ziel war eine Übernahme dieser forstlichen Handlungsempfehlungen in rechtsverbindliche Regelungen.

Doch nur sehr wenige Punkte davon wurden in das Abkommen aufgenommen. Das Handbuch ist weiterhin unverbindlich. Regierung und Forstindustrie haben mit Zustimmung der am LRMP beteiligten Gruppen Änderungen in der Forstwirtschaft auf die lange Bank geschoben. Die Empfehlung des CIT, die zum Einschlag genehmigte Holzmenge ("allowable annual cut") nach ökologischen Kriterien zu bemessen hatte keine Chance auf Umsetzung. Forstliche Nachhaltigkeit im Great Bear Rainforest ist von Holzkonzernen und Provinzregierung nicht erwünscht.

Das CIT hat außerdem untersucht, wie viel Wald geschützt werden muss, um sechs Leitarten des Great Bear Rainforest das Überleben zu sichern: Das Team kam zur Forderung von ca. 44 bis 70% der Fläche (genauer differenziert nach Art der Lebensräume), wobei die 44 Prozent für einen "high risk" Schutz stehen - ein hohes Risiko, ob diese Quote der Art einen langfristigen Überlebensschutz bietet. Durch das Abkommen von 2006 werden hingegen nur etwa 30% der Habitate von Grizzly, Marmelalk, Wolf und Schwanzfrosch geschützt.

 
Reaktionen auf Abkommen

Die am Abkommen beteiligten Umweltorganisationen Forest Ethics, Greenpeace und Sierra Club of B.C. sehen das Abkommen genauso wie der Forstkonzerne als großen Erfolg. Greenpeace Deutschland verklärt die Zustimmung seiner Organisation zur Nutzung von 68% des Great Bear Rainforest mit dem irreführenden Titel "Kanada: Regenwald des Großen Bären endlich geschützt" (siehe Abbildung unten).
Die Pressemitteilungen in Kanada waren da etwas differenzierter, haben aber auch dort zu Zeitungsmeldungen geführt, dass nun "alles geschützt" sei.

 

 
Greenpeace suggeriert:
Alles geschützt!

Offenbar aus "Erfolgszwang" die Kampagne nach
neun Jahren abzuschließen formulierten Greenpeace Deutschland und Schweiz ihre Pressemitteilung vom 7.2.2006 missverständlich - jedenfalls für den flüchtigen Leser, der keine weiteren Informationen anfordert.
 
Eine Zahl, die die genannten 1,8 Mio Hektar in Verhältnis zur Gesamtgröße der Gebietes setzt wurde offenbar bewusst vermieden.

Nicht direkt am Abkommen beteiligte Umweltorganisation in Kanada äußerten sich da kritischer. Wilderness Committee, Raincoast Conservation Society und David Suzuki Foundation lobten die Regierung einhellig für die Schaffung von neuen Schutzgebieten als ersten Schritt, wiesen aber deutlich darauf hin, dass die geschützte Fläche bei weitem nicht ausreicht. Das Wilderness Committee fordert, das Konzept von 1/3 Schutz auf alle andere Gebiete im Süden der Provinz British Columbia auszudehnen, um dort die Urwaldzerstörung zu stoppen.

Allgemein herrscht bei kritischen Beobachtern in Presse und Umweltgruppen Verwunderung über den Optimismus, den Greenpeace, Sierra Club und Forest Ethics in Bezug auf das geplante Ecosystem Based Management (EBM) an den Tag legen - denn:

  • Bisher deutet alles darauf hin, dass die bereits 2004 fertigen Vorgaben des EBM-Handbooks unverbindliche Vorschläge bleiben werden (siehe oben Abschnitt 'Coast Information Team').
  • Die beteiligten Forstkonzerne (z.B. Interfor) haben in der Vergangenheit Richtlinien, die etwas Umweltschutz in die Forstwirtschaft bringen sollten, wie etwa die Forest Practices Code-Gesetze von 1995 andauernd missachtet, teilweise die geringfügigen Strafen gezahlt und schließlich für die Abschaffung/Änderung des Gesetzes gesorgt.
  • Die beteiligten Umweltorganisationen haben alle ihre Druckmittel, wie etwa die Marktkampagnen und die Option direkter Aktionen mit ihrer Zustimmung zum Abkommen verworfen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass sie die geplanten Ziele des EBM in den nächsten Verhandlungen durchsetzten können.
  • Auch bei Einhaltung des EBM -Handbuchs würde im großen Maßstab Urwald vernichtet: Nur 15% der Bäume sollen pro Einschlag stehen gelassen werden - nach Definition der David Suzuki Foundation sind das dann alles Kahlschläge. Die Schutzstreifen für Lachsflüsse müssten nur 1 bis 1,5 Baumlängen betragen.

 

 
Beteiligung der First Nations

Das Abkommen soll laut Provinzregierung eine stärkere Einbeziehung und Beteiligung der First Nations in der Landbewirtschaftung bringen. Für ein Bewertung dieser Behauptung stehen AKU bisher zu wenig substanzielle Informationen zur Verfügung. Der genaue Wortlaut des Abkommens ist noch nicht veröffentlicht.

 

   

Karte zum Agreement 2006

Download als detaillierte und druckbare 2,5 Megabyte große PDF-Datei per Klick auf das Bild!

Zahlen zum Agreement 2006
Status Größe % Summe1 Summe2
Bisherige Parks 4 430 Quadratkilometer 6,9% 27,2%
1,7 Mio ha
31,9%
2,0 Mio ha
Neue Schutzgebiete 13 000 Quadratkilometer 20,3%
Mining / No logging Zone 2 970 Quadratkilometer 4,7% 72,8%
4,7 Mio ha
Ungeschützt 43 600 Quadratkilometer 68,1% 68,1%
Gesamtlandfläche 64 000 Quadratkilometer 100% 100% 100%

HINWEIS: Abweichende Zahlen in den Presseerklärungen der am Abkommen beteiligten Umweltorganisationen sind auf Euphemismen und Rundungsfehler zurückzuführen (so ist oft für Summe 1 von 1,8 Mio ha die Rede, für Summe 2 von 33%) . Je nachdem, ab welchem Zeitpunkt "Bisherige Parks" und "Neue Schutzgebiete" gezählt werden, variieren die Angaben zwichen 6,9 und 9% bisherigen Parks und 19 bis 20,3% neuen Schutzgebieten.

 

Abkommen von 2006

   

Landnutzungsplan von 2006 in Kürze

+ + + PLUS + + +

  • Nicht wenige der verbliebenen intakte Urwaldtäler sind jetzt geschützt, darunter auch solche umkämpften wie das Skowquiltz- und das Hotsprings-Tal im Nuxalk Territorium, die kurz vor dem Einschlag standen.
  • Aus den Optionsgebieten vom Abkommen von 2001 erhielten viele (aber nicht alle) Gebiete einen Schutzstatus.
  • Als Schutzgebiet abgegrenzt wurden in vielen Fällen komplette Wassereinzugsgebiete.

? ? ? UNKLAR ? ? ?

  • Änderungen in der Forstbewirtschaftung der ungeschützten Gebiete hin zu einem "ecosystem based management" (EBM) mit einer eventuellen Abwendung von der Kahlschlag-Wirtschaft werden zwar versprochen. Die spätere Umsetzung der Empfehlungen ist aber sehr zweifelhaft. 
  • Beteiligung der lokalen First Nations an allen Landnutzungsentscheidungen wird versprochen. Wie sie aussieht und wie gerecht sie ist bleibt unscharf. 
  • Welche Planungssicherheiten, Ausgleichzahlungen und Subventionen sind der Forstindustrie für den Verzicht auf das Holz der Schutzgebiete hinter verschlossenen Türen zugesagt worden?

- - - MINUS - - -

  • Die Herrschaft multinationaler Holzkonzerne über die Region wird durch das Abkommen stark gefestigt.
    Forstwirtschaft durch Kleinunternehmer, etwa auf kommunaler Basis, räumt das Forstministerium keine Priorität ein.
  • Mit insgesamt unter einem Drittel Schutzgebieten werden die naturschutzfachlichen Erfordernisse für einen Schutz seltener Tierarten bei weitem nicht erreicht (hierfür sind 44% bis 70% erforderlich, so das CIT). Auch die meisten Wildflüsse mit Lachsvorkommen befinden sich außerhalb der Schutzgebiete und sind weiterhin bedroht durch den Holzeinschlag und Wasserkraft-Pläne (David Suzuki Foundation, Pressemitteilung 7. Februar 2006)
  • Zu wenig Primärwalder sind geschützt. Nur 34% des VERBLIEBENEN Urwaldes vom Einschlag zu verschonen ist für ein so einmaliges Gebiet wie den Great Bear Rainforest viel zu wenig. Bisher ist im Great Bear Rainforest schon die Hälfte des Urwaldes vernichtet / in Sekundärwälder umgewandelt.
  • Die Verteilung der Schutzgebiete ist ein Flickenteppich.
    Ein Great Bear Rainforest Schutzgebiet existiert daher nicht, auch wenn es um das "Greater Kitlope" eine gewisse Ballung von Schutzzonen gibt.
  • Der Holzeinschlag im Great Bear Rainforest wird nicht wesentlich gesenkt: 2,5 bis 3 Millionen Kubikmeter Holz pro Jahr - über drei Viertel davon kommt aus Urwäldern (Daten laut David Suzuki Foundation, Februar 2006).
    In British Columbia insgesamt wird der Holzeinschlag vermutlich überhaupt nicht heruntergefahren, so dass andere Urwaldreste für die Schutzgebiete im Great Bear Rainforest bluten müssen.
  • Das Abkommen bewahrt seine Schutzgebiete nur vor Holzeinschlag. Trophäenjagd z.B. auf die bedrohten Grizzly-Bären ist weiter möglich. Das Leben in den Fjorden bleibt ungeschützt: Aquakulturen, Wasser- und Windkraftkraftanlagen mit ihrer Infrastruktur (Stromtrassen durch die Wildnis; siehe Oben Update 2007), Tiefseehäfen und Gesteinsabbau hätten auch negative Auswirkungen auf die Schutzgebiete. Öl- und Gasgewinnung könnten das Gebiet in Zukunft bedrohen.
  • Das "Great Bear Rainforest Agreement" gilt nur für das Gebiet des Central und North Coast LRMP - der Kahlschlag in den übrigen Urwäldern Kanadas geht unvermindert weiter.

# # # Fazit # # #

  • "Der Regenwald des Großen Bären" wird durch das Abkommen nicht gänzlich geschützt, sondern nur knapp ein Drittel davon.
    2/3 werden der Holzwirtschaft geopfert. 
  • Vielleicht waren die mageren Ergebnisse das einzig Erreichbare für die beteiligten Umweltorganisationen - Lorbeeren zum darauf Ausruhen sind es jedenfalls nicht. 
  • Bitte weiterhin Holz- und Papierprodukte aus Kanadas Urwäldern meiden!
    Nur ein winziger Bruchteil der immer weiter schwindenden kanadischen Urwälder ist gesichert. Der Rest wird weiterhin zerstört.

 

 

 

Kommentare 2006

Kommentar vom Arbeitskreis nördliche Urwälder zum 2006 verabschiedeten Great Bear Rainforest Abkommen

Teile des Great Bear Rainforest in Kanada geschützt -
Deutschland importiert jedoch weiterhin Zellstoff aus Urwaldzerstörung

Unsere Verantwortung für die Zerstörung der Regenwälder an Kanadas Westküste ändert sich durch das Abkommen nicht. Denn nach wie vor beziehen wir große Mengen Zellstoff aus Britisch Kolumbien. Die Urwälder dort werden weiterhin für unseren Papierverbrauch abgeholzt, auch wenn nun andere Gebiete dafür herhalten müssen. Vielen Gebieten im Great Bear Rainforest und im Nuxalk Territorium aber auch auf Vancouver Island , im Inland-Regenwald oder im Norden Britisch Kolumbiens droht noch immer die Zerstörung durch den Holzeinschlag.

Erst wenn die Nachfrage nach Zellstoff sinkt, reduziert sich der Druck auf die Urwälder in Kanada. Deutschland muss daher seinen Papierverbrauch drastisch reduzieren. Die Zellstoffimporte aus Kanada sollten durch vermehrten Einsatz von Altpapier und Zellstoff aus heimischer Produktion ersetzt werden. Insbesondere in Zeitschriften- und Katalogpapier, in dem der kanadische Zellstoff u.a. landet, sollte der Altpapieranteil erhöht und auf Importe aus kanadischen Urwäldern verzichtet werden.

Lydia Bartz (AKU, Urgewald)
 


Kommentar zu Naturschutzaspekten des Abkommens von 2006 von Götz Ellwanger

Abkommen nicht nachhaltig

Schaut man sich Zahlen der geschützten Flächen im Great Bear Rainforest (GBR) an, so sind diese aus meiner Sicht aber keineswegs ausreichend. Wenn man nicht nur das Holz sieht, sondern die Primärwälder mit all ihren Funktionen, so kann man durchaus Vergleiche mit der Diskussion um eine nachhaltige Nutzung bei nicht regenerierbaren Rohstoffen ziehen. Dies ist bei strenger Auslegung des Begriffs der Nachhaltigkeit natürlich gar nicht möglich.

Daher wird versucht zumindest u.a. eine Generationengerechtigkeit und einen Funktionsausgleich zu gewährleisten. Bei der Generationengerechtigkeit wird z.B. vertreten, dass die heutige Generation maximal 50% der Vorräte eines Rohstoffs nutzen darf, während die übrigen 50% den kommenden Generationen vorbehalten bleiben. Da auch künftige Generationen über eine evtl. Nutzung heute erklärter Schutzgebiete neu entscheiden können und werden, wäre es eigentlich das Mindeste diese 50% der noch verbliebenen Primärwälder zu schützen. Im Gegenteil, eigentlich sollte sich unsere Generation auf 50% dessen beschränken, was sie für ausbeutbar hält (also 50% der jetzt beschlossenen 2/3 des GBR). Unter einem Funktionsausgleich ist der Ersatz der Funktionen eines Rohstoffs durch andere Stoffe zu verstehen. Leider ist dies z.B. hinsichtlich der Funktion des GBR für die Artenvielfalt nicht möglich.

Im internationalen Vergleich kein Vorbild

Aber auch aus naturschutzfachlichen Gründen halte ich das Agreement für unzureichend. Bei der Diskussion um den Aufbau des Schutzgebietsnetzes Natura 2000 in der Europäischen Gemeinschaft ist man da z.B. schon etwas weiter. Bei den zu schützenden Lebensraumtypen und Arten galten erst der Schutz von 60% des Gesamtbestand als in der Regel ausreichend. Bei besonders seltenen und bedrohten Arten wurden dagegen noch höhere Prozentsätze gefordert und meist auch durchgesetzt. Da nehmen sich "approximately 30% of all habitat for Northern Goshawk, Grizzly Bear, Marbled Murrelet, Black-Tailed Deer and Tailed-Frog" (Zitat Sierra Club of B.C.) doch sehr bescheiden aus.

Bei häufigeren Lebensraumtypen und Arten war man auch in der Europäischen Union mit weniger als 60% des Gesamtbestands zufrieden, das soll nicht verschwiegen werden. Beispielsweise mit 35 bis 40% bei den verschiedenen Buchenwaldtypen. Da könnte man nun auf die Idee kommen, dass dies ja genau dem Agreement entspräche: "34% of all remaining old-growth forest and 39% of mature forest" (Zitat Sierra Club of B.C.). Bei genauer Hinsicht ist dies aber nicht der Fall, denn die 35 bis 40% in der Europäischen Union beziehen sich auf alle Buchenwälder und nicht nur auf die besonders wertvollen Bestände, wie beim GBR-Agreement. Würde man sich auf diese beziehen, käme man zu einer weit höheren Prozentzahl beim Buchenwald (für urwaldähnliche Bestände mit Sicherheit nahe 100%). Oder anders rum: Zu einem Vergleich mit dem GBR müsste man ausrechnen wie viel Prozent der gesamten Waldfläche inklusiv aller Sekundärwälder durch das Abkommen geschützt werden können. Auch da würden die Zahlen wohl deutlich anders aussehen.

Ein internationales Vorbild ist dieses Abkommen also keineswegs, sondern fällt hinter in anderen Weltregionen Erreichtes deutlich zurück.

Fragwürdig, ob und wie EBM realisiert wird

Auch das Ecosystem Based Management (EBM) ist nur ein schönes Schlagwort, dass durch weitere Verhandlungen bis 2009 erst mit Leben gefüllt werden muss. Ähnliche Gespräche oder Auseinandersetzungen über die Art der Forstwirtschaft hat es in den vergangenen 15 Jahren (und sicher auch schon davor) jedoch immer wieder gegeben mit leider nur minimalen Ergebnissen.

Ich frage mich, wo jetzt der Optimismus her kommt, dass man diesmal erfolgreicher sein wird. Hätte nicht eine Einigung in diesem Bereich erst erreicht sein müssen, bevor große Umweltverbände einem Agreement zustimmen, indem festgeschrieben - und auch durch diese Verbände legitimiert - wird, dass etwa 2/3 des GBR in Zukunft forstwirtschaftlich genutzt werden dürfen? Man muss sicher kein Prophet sein, um davon auszugehen, dass der Holzeinschlag in diesen 2/3 weitergehen wird, auch wenn es bis 2009 zu keiner Einigung kommen sollte, wie das EBM aussehen soll.

Götz Ellwanger (AKU, Experte für Natura 2000 im Bundesamt für Naturschutz)
 


Kritische Sicht des Great Bear Rainforest Schutzabkommens von Qwatsinas, Vertreter der traditionellen Nuxalk (House of Smayusta)

Will you buy paper from the Great Bear Rainforest?

The House of Smayusta was not part of the original agreement signed on April 04, 2001 because it was part of, and connected to the BC Treaty process.
(...)
The House of Smayusta fought to save the "Great Bear Rainforest" (GBR) not to deal it away or trade it off. We believed, and loved that the GBR is far more than a logging opportunity, a bargaining chip, or governmental PR tool; we want it to remain intact, and standing. It is a rare species of endangered temperate rainforest nearing extinction; it is a global treasure that does not have boundaries. Our people, the Nuxalk faced extinction before the turn of the century in 1900 ad.; our ancestors had the wisdom to see, and feel this, so they put a plan in place. Which succeeded for us. I am a Nuxalk; I know what that feels like today. The GBR cannot speak for itself, and needs our help, otherwise it is going to die. For humanity; it will take thousands of years to rebuild itself again, to where it once was. I would hate to leave that legacy in the next hundreds of years for the next generations.
(...)
Do we have to cut every tree down, because it is standing there? Maybe, as humans; we have failed to be teachers to ourselves, and to the future. Not in the name of the Indian people of BC, should the destruction of the GBR be allowed, and that is the way, it appears over here.
(...)
I am still strong in believing that we must love the land, and waters because of what it gives to us. I am praying for the grizzly bear, because so much of their homes are going to destroyed soon. Of course, my prayers go out to all the other life within the GBR.
(...)
I tried my best to save it. I would do it all over again, because we all can make a difference. It'll be worth more than we think. Will you buy shampoo, paper, and other products from the GBR?

Qwatsinas (Herditary Chief, Vertreter der traditionellen Nuxalk - House of Smayusta)

 


Kritische Sicht des Great Bear Rainforest Schutzabkommens
von der Raincoast Conservation Society

siehe: https://www.raincoast.org/2006/02/gb-partial-protection/

 

 
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Texte und Informationen zur Entwicklung des Abkommens von 2001 bis 2005 finden Sie  >>> hier <<<


Text:  ArbeitsKreis nördliche Urwälder (AKU)  


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