Evolution der Kahlschläge
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Frühe Sünden |
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Sägewerk im Regenwald 1859 Vancouver Island
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Vom Anfang der Kolonisation an, waren die mächtigen Bäume der Küstenregenwälder als Holzlieferanten begehrt. Die Kronkolonie British Columbia stellte großzügig Holzeinschlags- Berechtigungen aus. Solange keine leistungsstarken Kettensägen zur Verfügung standen, fällten die Holzfäller nur die gefragtesten Holzarten - das waren im 19. Jahrhundert vor allem Douglasien. Kahlschläge waren im Regenwald also nicht die Regel, und die uralten Rotzedern (=Riesenlebensbäume) blieben oft stehen - während sie heute in die Zellstofffabriken transportiert werden. |
Sägewerk "Muir's lumber mill" Sooke westlich Victoria, Vancouver Island Foto: © Glenbow Archives / F. Dally |
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Durch Goldsuche verwüsteter Wald in den 1860er Jahren B.C. Interior |
Das südliche Landesinnere von British Columbia erlebte Mitte des 19. Jahrhunderts starke Zuwanderung von Siedlern und Goldsuchern. Die trockenen Urwälder waren leichter zu roden als die Regenwälder - in der Goldrauschzeit wurden sie oft als Hindernis begriffen und abgebrannt. 1871 trat British Columbia der kandischen Konföderation bei.
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Gerodeter und abgebrannter Wald, Wasser- Hochleitung für eine Goldmine Williams Creek Foto: © Glenbow Archives / F. Dally |
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Vom timber sale zur "tree farm" |
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Kahlschlag ca. 1930er Jahre Vancouver Island |
Im 20. Jahrhundert fraßen sich die Kahlschläge ausgehend von Victoria und Vancouver in die Küstenregenwälder. Das 1912 verabschiedete erste Forstgesetz, wie auch alle seine Nachfolger verdienen eher den Namen Holzgewinnungsgesetz. Sie regeln in erster Linie die Rechte der Holzgewinnung auf öffentlichem Land. Privatwälder gibt es in nennenswertem Umfang nur auf der Ostseite von Vancouver Island. Hier schenkte die Regierung 1884 fast eine Million Hektar einer Eisenbahngesellschaft - als Kompensation für den Bahnbau. Heute gehört dieses Gebiet zu großen Teilen "Timber West", einem Holzmulti, der aus dem auf Ausbeutung temperater Regenwälder spezialisiertem neuseeländischen Konzern "Fletcher Challenge" hervor gegangen ist. |
Kahlschlag und Holzfäller-Camp im privaten Regenwald im Süden Vancouver Islands Cowichan Valley, Vancouver Island Undatiertes Foto: © B.C. Archives / B.C. Forest Service |
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Kahlschlag ca. 1940er Jahre Vancouver |
96% des Waldes von British Columbia werden von der Regierung ungeachtet indianischer Landrechte als öffentliches Land ("crown land") betrachtet, für das Lizenzen zum Holzfällen ausgestellt werden können. Zu diesen "Timber Sale License" kam 1947 mit einer Änderung im Forstgesetz die "Tree Farm License" (TFL) hinzu. In den 50er Jahren erhielten ausgewählte Holzkonzerne für einen symbolischen Betrag (oft 1 Dollar!) riesige Flächen als langjährige und von Regierungsseite bisher nie gekündigte TFL zugesprochen. Obwohl öffentliches Land, hat ein Holzkonzern auf seiner TFL so starken Einfluss, das hierfür Aktien heraus gegeben werden können. Für die abtransportierten Bäume müssen die TFL-Eigner lediglich eine "stumpage"-Gebühr an British Columbia zahlen. |
Kahlschlag im Regenwald in den Bergen Nord-Vancouvers Capilano Valley, Vancouver Undatiertes Foto: © B.C. Archives / B.C. Forest Service |
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Baumstumpf-Landschaften | ||||||||||||||||||
Kahlschlag 1970er/80er Jahre, Vancouver Island
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In den 70er und 80er Jahren nahmen die Kahlschlaggrößen immer weiter
zu - mit der bis heute üblichen Technik: | Kahlschlag- Landschaft in Privatwäldern von Timber West (damals Fletcher Challenge) aus den 70er/80er Jahren und trotzdem 1988 in großen Teilen ohne Jungbäume Südteil von Vancouver Island Foto: © Philipp Küchler | ||||||||||||||||
Slash Burning Vancouver Island
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Der Raubbau an Naturressourcen mit der cut-and-run Philosophie spült schnelles Geld in die Kassen der großen Aktiengesellschaften und der mit ihnen verfilzten Politiker, die wegen Korruptionsskandalen in British Columbia besonders häufig wechseln. Viele kleine lokale Forstunternehmen haben schon mit der Einführung der Tree Farm Licenses pleite gemacht; die Überlebenden können ihr Holz oft nur an die Sägewerke und Papierfabriken der alles kontollierenden Großkonzerne verkaufen.
| Nach dem Kahlschlag wurden die Holzreste gezielt abgebrannt - das sogenannte "slash burning". MacMillan Bloedel (heute Teil von Weyerhaueser) Südwestteil von Vancouver Island nahe West Coast Trail Foto: © Philipp Küchler | ||||||||||||||||
Öffentliche Wahrnehmung der Kahlschläge | ||||||||||||||||||
Kahlschlag 1992 Vancouver Island |
1990 erreichte der Jahres-Holzeinschlag in den Küstenregenwäldern mit fast 45 Millionen Kubikmetern Holz seinen Höhepunkt. Das Verschwinden der letzten Tieflandregenwälder zeichnete sich ab. Die Öffentlichkeit nahm den Raubbau nun stärker wahr und protestierte immer häufiger für den Erhalt der Urwälder. Auch außerhalb von Kanada landete das Thema in den Medien. | Tree Farm License von Timber West (damals Fletcher Challenge) Walbran Valley, Vancouver Island Foto: © Philipp Küchler | ||||||||||||||||
Kahlschlag 1992 Vancouver Island |
Holzkonzerne und Forstpolitiker erkannten jetzt ein "Imageproblem" und stockten seither ständig den PR- und Werbe-Etat auf. Mit kosmetischen Veränderungen an den Kahlschlägen, z.B. die Landschaftsformen nachahmende Ränder, statt rechtwinkligen Schlägen, sollte die Akzeptanz gesteiger werden. 1993 versprach die Regierung sukzessive 12% der Lebensräume der Provinz British Columbia unter Schutz zu stellen. Sie revidierte das Ziel ganz schnell in 12% der Landesfläche, so das forstwirtschaftlich unproduktives Bergland den großen Teil der neuen Parks ausmachen darf. Immerhin kamen seitdem auch einige Urwälder unter Schutz, für die sich die Öffentlichkeit besonders stark eingesetzt hatte.
| Tree Farm License von MacMillan Bloedel (heute zu Weyerhaeuser gehörend) Nördlich Carmanah Valley, Vancouver Island Foto: © Philipp Küchler | ||||||||||||||||
Neues Forstgesetz ab 1995 | ||||||||||||||||||
Kahlschlag 1997 Great Bear Rainforest |
In Folge der öffentlichen Proteste gegen die Waldzerstörung verabschiedet British Columbia 1995 ein neues Forstgesetz, den Forest Practices Code. Es dämmt die Praxis des slash burning auf den Kahlschlägen ein, führt zahlreiche kleine Schutzbestimmungen für das Vorgehen beim Einschlag ein, bleibt aber ansonsten ein zahnloses Regelwerk voller Schlupflöcher und Gummiparagrafen. An der Praxis des Kahlschlagens ändert sich wenig bis nichts. Der Anteil der Beschäftigten in der Forstindustrie fällt bei gleichem gefällten Holzvolumen auf 5,5% der Arbeitsplätze in Britsch Columbia im Jahre 1997, während die Tourismusindustrie 12,8% der Arbeitsplätze ausmacht. | Kahlschlag durch Interfor am Steilhang in Ista, dem heiligen Tal der Nuxalk-Indianer, in dem ihre Ursprungs-Geschichte spielt. Ista-Tal auf King Island, Great Bear Rainforest Foto: © Philipp Küchler | ||||||||||||||||
Kahlschlag 2000 Sims Creek/ Elaho |
Engagierte Bürger erfinden den "forest watch": Sie kontrollieren
die Einschläge und protokollieren die Gesetzesverstöße gegen das
Forstgesetz. Alle großen Holzfirmen brechen andauernd das Gesetz und zahlen
dafür aber nur marginale Starfen, falls die überlasteten Forstbehörden
sich überhaupt der Verstöße annehmen. Der Great Bear Rainforest und das obere Elaho Tal rücken ins Zentrum der Kampagnen der Umweltverbände und ins Bewusstsein der Öffentlichkeit.
| Kahlschlag durch Interfor in der Nähe der Waldgrenze im vorgeschlagenen Schutzgebiet Elaho / Stoltman Wilderness Sims Creek, Küstenberge Foto: © Carsten Brinckmeier | ||||||||||||||||
Urwald ohne Schutz 2002 | ||||||||||||||||||
Kahlschlag 2002 Great Bear Rainforest
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![]() Hört man die Propaganda (pardon - sie nennen es public relations Arbeit) von Papierindustrie und Regierung, so könnte man glauben, dass der Great Bear Rainforest vollständig geschützt ist und auch sonst kein kanadische Urwald in unserem Papier landet. Leider ist aber nur ein winziger Bruchteil des Waldes geschützt. In der restlichen Fläche wird unverändert weiter Urwald mit Kahlschlägen vernichtet - genehmigt, gut geheißen und subventioniert von der Regierung von British Columbia. | Kahlschlag im Territorium der Nuxalk Indianer im Great Bear Rainforest Parker Creek, Great Bear Rainforest Foto: © Forest Action Network | ||||||||||||||||
Kahlschlag 2002 Great Bear Rainforest
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![]() Die nun regierende neoliberale Patei steht der Forstindustrie noch näher, als die vorhergehenden Regierungen. Sie arbeitet darauf hin, die Holzkonzerne ohne Aufsicht im Wald wüten zu lassen: Ca. 800 Mitarbeiter des für Kontrollen im Wald ohnehin unterbesetzten Forstministeriums und des 220 Mitarbeiter des Umweltministerium erhielten ihre Kündigung zum 31.3.2003. Der Abbau von weiteren Stellen, wie auch vieler Forstämter, wurde von Premier Gorden Campbell angekündigt. Das seit 1995 bestehende Forstgesetz - der Forest Practices Code, das sowieso
aufgeweicht wurde und kaum noch kontrolliert wird - soll zugunsten der großen
Holzkonzerne komplett geändert werden. Am liebsten würde die Regierung
auch noch die Besitzverhältnisse dahingehend ändern, dass die Holzindustrie
noch stärkere Eigentumsrechte an den öffentlichen Wäldern erhält.
| Kahlschlag im Territorium der Gitga'at Indianer im Great Bear Rainforest Little Tillhorn, Great Bear Rainforest Foto: © Forest Action Network | ||||||||||||||||
Raubbau an den Resten 2003 / 2004 |
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Heli-Logging im Bergurwald-Rest Vancouver Island
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Vor wenigen Jahren noch galten die Bergurwälder in den Steillagen als "inoperable forest", als unwirtschaftlich zum Einschlag, zumal bei über 2000 Millimeter Jahresniederschlag der Boden danach sofort ausgewaschen wird. Was man auf dem Foto sieht, ist in der Sprachkosmetik der Holzkonzerne gar kein "Kahlschlag" (es stehen ja noch einzelne Baumgruppen...), denn der Holzkonzern Weyerhaueser hat öffentlich zugesichert, auf Vancouver Island auf Kahlschläge zu verzichten und den Wald nur noch in selektiven Verfahren abzuholzen. |
Neuer Kahlschlag im East Walbran Tal von Weyerhaueser Vancouver Island - nahe dem West Coast Trail Foto: © Syd Haskell am 9.11.2003 |
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Forstwirtschaft 2004 Great Bear Rainforest
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Trotz aller Rhetorik über den Schutz der Urwälder und naturverträgliche Forstwirtschaft, dominierten auch 2004 wieder Kahlschlag-Verfahren im Great Bear Rainforest. Auf dem Luftbild erkennt man, dass Interfor mit Ausnahme eines Schutzstreifens am Bach, den Talgrund ausgeräumt hat. Seitenbäche aus dem Bergwald verlaufen ohne jeden Baumschutzstreifen quer durch den Kahlschlag. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war der Einschlag nicht abgeschlossen und die geplante Größe des Kahlschlags noch nicht erreicht!
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Neuer Kahlschlag von Interfor am Frenchman Creek nahe bei Ista auf King Island, Great Bear Rainforest. Bei den Nuxalk heißt das Tal "Nuu'klut", dass bedeutet "Heim der Meerforelle". Vier Arten von Lachs- fischen leben hier. Foto: © Ian McAllister im Oktober 2004 |
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Holzrausch im Great Bear Rainforest 2006 | ||||||||||||||||||
Zerstückelte Wildnis Great Bear Rainforest
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Während die internationale Öffentlichkeit glaubt, der Great Bear Rainforest sei gerettet, tobt dort der Holzrausch. Neue Forststraßen zerstückeln die Urwälder; die unteren Hangteile mit den dicken Bäumen fallen zuerst. Seit Jahren wurde im Great Bear Rainforest nicht mehr so viel und brutal eingeschlagen, wie 2006. Der Grund: Das Abkommen schützt nur ein Drittel. Viele Gebiete waren bis zum Abschluss des Great Bear Rainforest Abkommens einstweilig sichergestellt - jetzt fallen sie den Kettensägen zum Opfer. Da Management-Methoden nicht verbindlich ausgehandelt wurden, überwiegen Großkahlschläge. | Neue Forststraßen und Kahlschläge auf Banks Island, Great Bear Rainforest. Foto: © Ian McAllister im Oktober 2006 | ||||||||||||||||
Modernes Great Bear Rainforest
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Sehen Sie einen Unterschied zu den Kahlschlägen der 80er Jahre und früher? Seither soll doch das Restholz der Einschläge nicht mehr abgebrannt werden, Baumstreifen an den Bächen stehen bleiben, ebenso wie Baumgruppen für die Wildtiere? So erzählen es jedenfalls PR-Vertreter von Regierung und Forstindustrie. Fernab von öffentlich zugänglichen Straßen, im Great Bear Rainforest, bleibt alles beim Alten: die Urwaldflächen werden kleiner, Kanada ist auch 2006 noch das "Brasilien des Nordens". |
Zum Abbrennen ("slash burning") aufgeschichtetes Restholz in neuem Kahlschlag am Parker Creek auf King Island, Great Bear Rainforest. Foto: © Ian McAllister im Oktober 2006 |
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