Vor dem Eintreffen der ersten Europäer auf dem amerikanischen Kontinent
herrschte sicher nicht nur Friede und Eintracht zwischen den dort lebenden Völkern.
Die insgesamt sehr geringe Bevölkerungsdichte ließen kriegerisch ausgetragene
Territorialkonflikte aber eher selten aufkommen. Erst nach der "Wiederentdeckung"
Amerikas 1492 ging mit der Besiedelung durch die Kolonialisten eine Welle von
kriegerischen Handlungen über den Kontinent, oft nur vorübergehend unterbrochen
von Friedensverträgen mit einzelnen der dort lebenden Stämme. Völkermord,
Vertreibungen, Deportationen und Umsiedelungen, Tod durch eingeschleppte Krankheiten
begleiteten die Inbesitznahme des Landes durch die Europäer.
Aber auch die neuen Herrscher Nordamerikas kämpften miteinander um die
Macht bis sich schließlich 1759 die Engländer endgültig gegenüber
den die Franzosen durchsetzten.
In der "Royal Proclamation" wurden 1763 von der englischen Krone
die indianischen Rechtsansprüche auf alle bis dahin nicht kolonisierten Gebiete
anerkannt. In Fragen des Landbesitzes durfte ausschließlich die Krone, also
indirekt die Regierung des Königreiches mit den Ureinwohnern verhandeln.
In vielen Gebieten wurden Verträge abgeschlossen, in denen die Indianer ihren
Anspruch auf ihr Land für einmalige Geldsummen oder Staatsrenten abtraten.
Andere Gebiete wurden zu Reservaten erklärt, für die alleinige Nutzung
durch die Ureinwohner, Jagd- und Fischrechte wurden vertraglich geregelt.
Das Verhältnis der Europäer zu den "First Nations" wurde
durch diese Verträge entspannter und ermöglichte eine reibungslosere
Erschließung des Landes.
Die "Royal Proclamation" behielt auch nach der Gründung Kanadas
1867 Rechtsgültigkeit, im Gegensatz zu in den nun von der britischen Krone
unabhängigen Staaten der U.S.A.
Ein erstes "Indianer-Gesetz" (Indian Act) wurde in Kanada 1876 in
Kraft gesetzt, dass die Verwaltung der in den Reservaten lebenden Indianer regelte.
Nach diesem Gesetz wurden die Indianer innerhalb ihrer Reservationsgrenzen
als Minderheit anerkannt (bis 1960 ohne Staatsbürgerschaft und ohne Wahlrecht).
Praktisch wurden die Indianer dem Department of Indian Affairs unterstellt, welches
bevollmächtigt wurde, alles erforderliche zu tun, um die Indianer zu "zivilisieren"
und in die weiße Gesellschaft zu integrieren. Etliche Versuche wurden unternommen,
alle Anzeichen von indianischer Kultur zu beseitigen.
Viele Bestimmungen aus dem "Indian Act" sind bis heute noch wirksam.
So werden weiterhin von der Bundesregierung die Wahlen der Stammesvertretungen
(Band Councils) beaufsichtigt, das Geld der Indianer verwaltet und der Landbesitz
kontrolliert.
Die Bestrebungen, die indianischen Völker in die "weiße"
Gesellschaft einzugliedern, hielten auch im letzten Jahrhundert weiterhin an.
So wollte Präsident Trudeau 1969 die Gleichberechtigung unter anderem durch
Abschaffung des Indianerstatus und Auflösung der Reservate durchsetzen. Durch
die neue Verfassung von 1982 werden inzwischen die Indianer als eigene Statusgruppe
(so der Begriff in der Rechtssprechung) anerkannt. Seitdem haben im Kampf um Selbstverwaltung
und Landrechte viele Aktionen der Indianer in Kanada mit mehr oder weniger Erfolg
stattgefunden.
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